Circular Beauty – ein zirkulärer Ansatz für pflanzliche Lieferketten

Interview mit Charlotte d’Erceville-Dumond
Sustainable Innovation Manager bei BASF Beauty Care Solutions France S.A.S

Wie definieren Sie Circular Beauty?

Wie der Name schon sagt, basiert Circular Beauty auf dem Konzept der Kreislaufwirtschaft. Das Prinzip ist einfach: Die Nutzung oder Lebensdauer eines Produkts soll so weit wie möglich verlängert werden, indem Abfälle recycelt, aufbereitet und wiederverwendet, und so zum Ausgangspunkt für neue Produkte und Prozesse gemacht werden.

Allerdings ist die Umsetzung nicht ganz so einfach wie die Definition, vor allem in der Kosmetikbranche. Shampoo, Duschgel und Co. werden zum Beispiel nach dem Gebrauch abgewaschen. Der Klärschlamm oder die Mülldeponie sind also die Endstation für diese Produkte. Dennoch können wir dafür sorgen, dass ihre Herstellung so zirkulär wie möglich ist.

Die Vorteile dieses Ansatzes sind vielfältig: ein geringerer CO2-Fußabdruck, Energie- und Ressourceneffizienz, netto-positive Produkte, der Einsatz lokaler Ressourcen und Abfallvermeidung. Für unsere botanischen Lieferketten verstehen wir unter Circular Beauty die Aufwertung von Nebenprodukten und das Upcycling von Abfällen. „Upcycling“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir pflanzliche Nebenprodukte, die normalerweise entsorgt werden, zur Herstellung neuer, wertvoller kosmetischer Inhaltsstoffe verwenden.

Die Vorteile von Circular Beauty gehen jedoch weit über den Umweltschutz durch eine längere Lebensdauer der Produkte hinaus. Der Ansatz bietet auch entscheidende Vorteile für die Menschen, die an den Lieferketten beteiligt sind. 

Warum forscht BASF auf diesem Gebiet?

Für uns ist Circular Beauty nicht nur ein weiterer Trend, der heute in Mode und morgen vergessen ist. Ganz im Gegenteil – wir sehen darin eine wichtige und langfristige Chance.

Wenn wir uns die Zahlen ansehen, leben wir streng genommen über unseren Verhältnissen – oder besser gesagt, über den Verhältnissen von Mutter Erde. Unsere Ressourcen sind endlich. Heute benötigen wir etwa 1,8 Planeten, um die Ressourcen für unseren Konsum bereitzustellen und unseren Abfall zu absorbieren. Im Jahr 2030 würden wir bereits zwei Planeten dafür benötigen  [1]. Unnötig zu erwähnen, dass wir nur einen haben.

Deshalb legen wir großen Wert darauf, unsere Produkte so ressourcenschonend wie möglich herzustellen. Die Verwendung von pflanzlichen Nebenprodukten ist eine sehr wirksame Methode, die dazu beitragen kann, Wasser, Fläche, landwirtschaftliche Betriebsmittel und Abfälle zu reduzieren.

Und mehr als das: Letztendlich geht es bei der Kreislaufwirtschaft nicht nur um Kompensation, sondern darum, positive Effekte zu erzielen.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen in Bezug auf Circular Beauty?

Eine der größten Herausforderungen ist zugleich auch eine der dringendsten Forderungen der Verbraucher*innen: vollständige Rückverfolgbarkeit und Transparenz. Heutzutage reicht es vielen nicht mehr aus, zu wissen, woher ein Rohstoff kommt. Sie wollen auch wissen, wie er angebaut, geerntet und verarbeitet wurde und wie die lokale Bevölkerung von dem Handel profitiert.

Für all diese Informationen sind wir auf unsere Partner vor Ort angewiesen. Die erwarteten Qualitäts- und Zertifizierungsstandards zu erreichen, erfordert einen erheblichen Schulungsaufwand für die lokalen Landwirt*innen. Dieser Aufwand lohnt sich natürlich nur dann für alle Beteiligten, wenn langfristige Verträge geschlossen werden können.

Ein erfolgreiches Beispiel ist unser Rambutan-Programm, das 2016 ins Leben gerufen wurde. Wir nutzen die Nebenprodukte der Rambutan-Frucht als Ausgangsmaterial für kosmetische Wirkstoffe. Unsere Partner in Vietnam bauen die Bäume in der ersten von Ecocert unabhängig zertifizierten Rambutan-Plantage des Landes biologisch an.

Für unsere bioaktiven Inhaltsstoffe auf Rambutan-Basis verwenden wir die Schalen, Samen und Blätter der Frucht. Diese werden dann zu Haut- und Haarpflegewirkstoffen weiterverarbeitet. Das stellt eine weitere Herausforderung dar, denn die Anwendungsbereiche haben unterschiedliche Umsatzgrößen und Mengenanforderungen. Wir müssen also den Bedarf der verschiedenen Komponenten innerhalb des Kreislaufsystems sorgfältig ausbalancieren.

Und dann spielt natürlich die Leistung der Produkte die wichtigste Rolle. Die Verwendung von Abfällen und Nebenprodukten ist kein Selbstzweck, sondern es geht darum, sie in leistungsfähige Inhaltsstoffe zu verwandeln. Hier leistet unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung hervorragende Arbeit.

Sie haben eingangs erwähnt, dass die Auswirkungen von Circular Beauty weit über den Schutz der Umwelt hinausgehen. Was haben Sie damit gemeint?

Die Verwendung von Neben- und Abfallprodukten schafft eine neue Einkommensquelle für die lokalen Landwirt*innen. Nehmen wir noch einmal das Rambutan-Beispiel: Bevor wir damit begonnen haben, kosmetische Wirkstoffe aus den Samen, Schalen und Blättern herzustellen, waren die Landwirt*innen allein vom Verkauf der Früchte abhängig. Aufgrund von Marktschwankungen waren die Rambutan-Bäume zudem in Gefahr, ersetzt zu werden. Die Verwendung von Teilen des Baumes, die sonst entsorgt würden, schafft einen zusätzlichen Gewinn, der es ihnen ermöglicht, in andere landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten zu investieren und Anreize für den Erhalt der Rambutan-Plantagen zu schaffen. Unser Programm sorgt für ein gerechtes Einkommen, Gleichstellung der Geschlechter, sicherere Arbeitsbedingungen und eine Krankenversicherung. Neben all den positiven Auswirkungen auf die Umwelt kann Circular Beauty also auch dazu beitragen, die ländliche Bevölkerung zu unterstützen.

bsf de

Sie haben bereits das Rambutan-Programm erwähnt. Welche anderen Inhaltsstoffe hat BASF auf Basis von Upcycling oder der Verwertung von Nebenprodukten entwickelt?

Bis heute haben wir etwa ein Dutzend Bioaktivstoffe in unserem Portfolio, die durch Upcycling oder Aufwertung von Nebenprodukten wie dem Moringaölkuchen, Arganfruchtfleisch, Litschi-Schalen und Kastanienblättern entstanden sind. Ihre Anwendungsgebiete sind so vielfältig wie ihre Herkunft.

Ein neuer pflanzlicher Inhaltsstoff für Haarpflegeanwendungen ist die jüngste Ergänzung unseres Portfolios. Dieser Extrakt ist das Ergebnis des Upcyclings von Mariendistelpresskuchen, einem Nebenprodukt der Mariendistelölproduktion. Die von uns verwendete Mariendistel wird in Frankreich für die Ölproduktion angebaut und basiert auf einer rückverfolgbaren und nachhaltigen Lieferkette. 

Mariendistelöl wird traditionell in Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika verwendet. Es wird durch Kaltpressung aus den Samen von Sylibum Marianum gewonnen. Der zurückbleibende Presskuchen ist reich an Proteinen, weshalb wir sein Potenzial für einen neuen kosmetischen Wirkstoff erschließen wollten. Unser Forschungsteam hat den Extraktionsprozess optimiert, um Peptide mit niedrigem Molekulargewicht zu erzeugen. Die daraus resultierende Aminosäurezusammensetzung des Produkts kommt der von Keratin nahe.

Keratin ist ein natürlich im Haar vorhandenes Protein, das für dessen Widerstandsfähigkeit und Elastizität sorgt. Durch äußere Einflüsse (z.B. Umwelteinflüsse, Lebensstil, Styling, Glätten, Färben) nutzen sich Proteine wie Keratin in unserem Haar ab und werden verbraucht. Das Haar wird trocken, stumpf und spröde. Um diese Lücke zu schließen und das Haar von innen heraus wieder aufzubauen, gibt es viele Produkte auf dem Markt, die mit Keratin angereichert sind. Allerdings sind die Keratine, die normalerweise in Haarkuren enthalten sind, tierischen Ursprungs.

Unser neuer Extrakt bietet eine nachhaltige Alternative zu tierischem Keratin, die das Haar kräftigt und dazu beiträgt, dass die Farbe länger erhalten bleibt. Umfassende Studien haben gezeigt, dass der Wirkstoff einen dreifachen Schutz für die Strukturproteine des Haares gegen metallkatalysierte Oxidation, Glykation und Carbonylierung bietet. Durch die Stabilisierung und Reparatur des Haarkeratins hilft der Wirkstoff auch, Haarbruch zu verhindern, insbesondere bei geschwächtem Haar.

Für mich ist es immer wieder faszinierend, wie wir aus Materialien, die sonst entsorgt würden, solche leistungsstarken Produkte entwickeln können.

Spielt Circular Beauty für BASF auch über pflanzliche Wirkstoffe hinaus eine Rolle?

Es stimmt, dass wir unter unseren pflanzlichen Wirkstoffen derzeit die größte Auswahl an Produkten haben, die dem Circular-Beauty-Ansatz folgen. Das bedeutet aber nicht, dass wir diese Möglichkeiten nicht auch mit anderen Inhaltsstoffen erforschen. Erst kürzlich haben wir beispielsweise unser neues Biopolymer Verdessence® RiceTouch auf den Markt gebracht, einen upgecycelten Sensorikmodifizierer auf Pflanzenbasis, der aus natürlichen, zu 100 % erneuerbaren Rohstoffen besteht. 

Ich bin sicher, das ist erst der Anfang. Wir werden auch weiterhin in diesem Bereich forschen, um unsere Ressourcen so verantwortungsvoll wie möglich zu nutzen und zu einer verschwendungsfreien Welt beizutragen.


[1] https://www.theworldcounts.com/challenges/planet-earth/state-of-the-planet/overuse-of-resources-on-earth (letzter Zugriff am 17. Januar 2023)

www.basf.com

 

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