„Die Situation wird herausfordernder, teurer und komplexer”

Sarah Brajic
Parfümeurin im Dufthaus Düllberg-Konzentra

Parfümeurin Sarah Brajic (Düllberg-Konzentra) im Gespräch mit der SOFW über Nachhaltigkeit in der Parfümölindustrie: die Herausforderungen – und wie die Branche ihnen konstruktiv begegnen kann.

Time flies! Diese Anzeige erschien 1957 in Seifen-Öle-Fette-Wachse (SOFW Journal). Was sind heute die größten Herausforderungen in der Parfümölindustrie? 

Eine der größten Herausforderungen ist – neben immer stärkeren, restriktiven Vorgaben und Lieferkettenproblemen – das Thema Nachhaltigkeit. Die Parfümölindustrie muss sich transformieren, um sowohl den Anforderungen unserer Kunden als auch unserem Planeten gerecht zu werden. Dafür benötigen wir mehr Transparenz in der Lieferkette und einen neuen Blick auf unsere Produktpalette. Das ist eine sehr komplexe Problemstellung. Welche Aspekte der Nachhaltigkeit sollen und können betrachtet werden? Wie können wir vergleichbare Daten und Werte generieren, um gemeinsam mit anderen Industrien unsere Prozesse und Ressourcen nachhaltig zu transformieren? 

duellberg

Wie gehen Sie mit dem Thema „Kreislaufwirtschaft“ um?

Kreislaufwirtschaft in der Parfümölindustrie ist ein ebenso vielschichtiges Thema. Es gibt unterschiedliche Ansätze, nach denen hier gearbeitet werden kann. Sprechen wir über den B2B-Bereich, geht es zum Beispiel um Leihgebinde und optimierte Transportwege. Betrachten wir das Parfümöl, das in Endprodukten wie Duschgels oder Eau de Parfums eingesetzt wird, erhalten wir final ein Verbrauchsprodukt, das womöglich im Abwasser landet; dann ist zum Beispiel die biologische Abbaubarkeit von Interesse. Für Recyclingzwecke wiederum steht die Verpackung im Fokus. Weitere Möglichkeiten bestehen auch darin, interne Prozesse so zu optimieren, dass Abfälle auf ein Minimum reduziert werden – daran arbeiten wir ständig. 

Den größten Hebel zur Veränderung aber sehen wir in der Optimierung unserer Produktpalette in Richtung nachhaltigerer Produktalternativen: seien es Upcyclingprodukte, die aus Abfallprodukten anderer Industrien gewonnen werden, oder neue Methoden zur Gewinnung natürlicher Isolate – aber ohne die Notwendigkeit weiterer Anbauflächen für Rohstoffe. Die Möglichkeiten sind vielfältig und müssen anhand unterschiedlicher Nachhaltigkeitsaspekte betrachtet werden.

 

Was sind die Anforderungen Ihrer Kunden in diesem Zusammenhang?

Unsere Kunden stehen vor denselben Herausforderungen wie wir. Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde, die Endkonsumenten möchten Produkte, die der Umwelt nicht schaden und sozial verantwortungsvoll hergestellt werden. Sie sollen also lokal, vegan, upcycled und biologisch abbaubar sein – und darüber hinaus natürlich gut riechen. Das alles konkret umzusetzen, ist allerdings nicht so einfach. Ein Parfümöl besteht im Durchschnitt aus 20 bis 100 Rohstoffen. Sie kommen aus der ganzen Welt, sei es Ingweröl aus Indien oder Neroliöl aus Tunesien, und sie werden aus Abfallprodukten anderer Industrien oder petrochemisch hergestellt. Jeder einzelne Rohstoff muss daher unter komplexen Gesichtspunkten betrachtet und bewertet werden. Zum Beispiel können synthetische Alternativen durchaus nachhaltiger sein als die natürlichen Substanzen. 

Ein Thema ist die endokrine Wirkung und Deklaration der Parfümöle. Wie stellen Sie sich diesem Thema?

Jedes Thema, bei dem es um die Sicherheit unserer Kunden und Produkte geht, hat bei uns höchste Priorität. Unser breit aufgestelltes und professionelles Team im Bereich Qualitätsmanagement, Sicherheit und Regulatorik arbeitet proaktiv an kommenden Themen und entwickelt entsprechende Sicherheitsprofile. So kann ich mich als Parfümeurin auf die Kreation schöner, passender und erfolgreicher Düfte für unsere Kunden konzentrieren – und kann mir gleichzeitig sicher sein, dass das Parfümöl den aktuellen Anforderungen des Gesetzgebers und zugleich unserer Kunden entspricht.

Last but not least: teurere Rohstoffe, höhere Energiekosten, Lieferketten. Welche Auswirkungen hat dies auf den Parfümölmarkt?

So sehr wir uns alle gewünscht haben, dass sich die Situation wieder entspannt, so sehr wurden wir eines Besseren belehrt. Es zeigt sich allerdings, dass langfristig – gerade auch in Anbetracht des Themas Nachhaltigkeit – die Situation eher herausfordernder, teurer und komplexer werden wird. 

Die aktuelle Situation und auch die Schwierigkeiten während der Pandemie waren eine große Herausforderung für die Industrie; gleichzeitig ergab sich damit die Möglichkeit und auch Notwendigkeit, sich den Umständen anzupassen. Wer wie wir als Dufthaus die Chance genutzt hat und an innovativen Verbesserungen gearbeitet hat – zum Beispiel für ein schnelleres Reaktionsvermögen, optimierte Prozesse, höhere Lagerbestände und bessere Lieferantenbeziehungen – kann auch in der Zukunft darauf bauen und wird in der Lage sein, mit den gestiegenen Anforderungen umzugehen. 


Sarah Ajumah Brajic ist Parfümeurin im Dufthaus Düllberg Konzentra in Hamburg. Mit über 10 Jahren Berufserfahrung ist sie spezialisiert auf den Bereich Fine Fragrance, Personal Care und Natural Fragrances. Ihre Ausbildung: M.Sc., MBM und European Fragrance and Cosmetic Master an der ISIPCA, ihre Parfümeur:innenausbildung erhielt sie bei Drom. Ihr Lieblingsduft: blühende Bitterorangenblüten.

www.duellberg-konzentra.de

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