Spezielle Öle aus Äthiopien: Reichhaltige Pflanzenprodukte aus Bioreservaten
Interview mit Feven Tsehaye
Gründerin und Geschäftsführerin von Tchakka Origins in Äthiopien
Tchakka Origins produziert ätherische und fette Öle sowie Kräuter und Blumen für die Kosmetikindustrie. Was macht Ihre Produkte einzigartig?
Unser Fokus liegt auf den einheimischen Pflanzenarten Äthiopiens. Und wir legen besonderen Wert auf die Ursprünglichkeit und Hochwertigkeit unserer Pflanzenprodukte. Einheimische Pflanzen werden nicht in Monokulturen angebaut, sondern sie wachsen in Biosphärenreservaten. Daher beziehen wir unser Rohmaterial aus verschiedenen Biosphärenreservaten Äthiopiens – aus Kafa, Greater Bale und Sheka. Das sind Regionen mit einer hohen Biodiversität. Dort wachsen die Pflanzen auf sehr nährstoffreichen Böden, gedeihen gut und unterscheiden sich durch ihr besonderes Spektrum an Inhaltsstoffen.
Wie muss man sich das vorstellen? Ist Landwirtschaft in den Biosphärenreservaten überhaupt möglich?
Tchakka Origins arbeitet mit Kleinbauern zusammen, die den äußeren Bereich der Biosphärenreservate für den Anbau nutzen. Selbstverständlich ist das Zentrum eines Reservats vor jeglichem Eingriff geschützt und auch im umliegenden Bereich der Pufferzone ist keine Landwirtschaft erlaubt. Selbst in der sogenannten Transition Zone, in denen unsere Partner tätig sind, gibt es strenge Auflagen. Hier muss nach den Regeln der Agroforstwirtschaft, also eine Mischung aus Forst- und Landwirtschaft, gearbeitet werden. So bleiben die Wälder erhalten und die Bäume und Sträucher schützen das natürliche Ökosystem. Die wirtschaftliche Nutzung hilft zugleich, die Biodiversität zu bewahren. Die Landwirte schützen die Pflanzen und sorgen für ihren Fortbestand, weil sie wissen, was sie an ihnen haben. So haben sie die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt in diesen Regionen zu verdienen.
„Tchakka“ heißt übersetzt Wald. In unserem Unternehmensnamen „Tchakka Origins“ steckt also bereits das, was uns ausmacht: Wir nutzen die speziellen Ressourcen aus den Waldregionen Äthiopiens und finden neue Verwendungsmöglichkeiten für einheimische Pflanzen.
Können Sie Beispiele für spezielle äthiopische Pflanzen nennen, die Sie verarbeiten?
Ich möchte mit dem bekanntesten Produkt Äthiopiens starten: Kaffee. Äthiopien – besser gesagt die Region Kafa – ist als Geburtsort des Kaffees bekannt. Die Kaffeebohnen, die wir verarbeiten, stammen aus dem Biosphärenreservat in Kafa. Dort wächst der Kaffee auch wild. Wir nutzen aber den Kaffee, der von Kleinbauern kultiviert wird. Es sind Arabica Bohnen, die von Hand geerntet werden und die wir zu Kaffeeöl verarbeiten. Wir stellen Öl aus den gerösteten Bohnen her. Es duftet wie gerösteter Kaffee und ist eine der reichhaltigsten Quellen von Palmitinsäure.
Ein weiteres gutes Beispiel ist der sogenannte äthiopische Kardamom der Sorte Aframomum corrorima – auch als falscher Kardamom bezeichnet. Korarima ist eine spezielle Art aus der Ingwerfamilie und wächst als heimische Pflanze in den Kaffeewäldern Äthiopiens. Im Vergleich zu bekannten Kardamom-Sorten duftet Korarima würziger und herber. Unser Kardamom kommt aus dem Kafa Biosphärenreservat. Wir nutzen den äthiopischen Kardamom zur Herstellung von ätherischem Öl und bieten ihn auch getrocknet an. Er ist reich an Aromastoffen und eine gute Quelle für Antioxidantien.
Schwarzkümmel wird oft eher in Ägypten verortet, ist aber eine einheimische Sorte Äthiopiens und wird in Äthiopien „Black Magique“ genannt. Es ist in vielen Ländern ein beliebtes Gewürz und intensiviert die Aromen von Gerichten. Zugleich wird aus Schwarzkümmel ein fettes Öl hergestellt. Wir nutzen Schwarzkümmel aus dem Biosphärenreservat Greater Bale. Die Besonderheit an unserem Schwarzkümmelöl ist der hohe Gehalt an Thymoquinon, einer fetthaltigen Säure.
Wie werden diese einheimischen Sorten in Kosmetikprodukten eingesetzt und wie profitieren diese vom natürlichen und hochwertigen Rohmaterial?
Aus den Kaffeebohnen gewinnen wir durch Kaltpressung ein sehr hochwertiges fettes Öl. Aufgrund seines hohen Gehalts an Palmitinsäure und Phytosterolen ist es ein guter Feuchtigkeitsspender für die Haut. Die Phytosterole im Kaffeeöl wirken zugleich entzündungshemmend. Somit ist Kaffeeöl auch für empfindliche Haut geeignet. Zudem weist das geröstete Öl einen hohen Lichtschutzfaktor auf. Das Öl wird daher auch für Sonnenschutzprodukte verwendet.
Auch aus Schwarzkümmel stellen wir durch Kaltpressung ein fettes Öl her. Das dunkel-goldfarbene Öl hat einen hohen Anteil an Palmitin-, Stearin-, Öl- und Linolsäure. Außerdem verfügt Schwarzkümmelöl über einen hohen Gehalt an essenziellen Aminosäuren, über Vitamine des B-Komplexes sowie über die Vitamine A, C, D und E. Durch diese Zusammensetzung versorgt das Öl die Haut mit Feuchtigkeit und unterstützt bei der Zellerneuerung. Schwarzkümmelöl wird daher oft bei chronischen Hautkrankheiten eingesetzt. Unser Öl kommt vor allem in Haarprodukten und in der Hautpflege zum Einsatz.
Die getrockneten Samen des äthiopischen Kardamoms haben einen hohen Gehalt an 1,8-Cineol, also Eucalyptol, und (E)-Nerolidol. Durch Wasserdampfdestillation der Samen gewinnen wir das würzig-scharf sowie frisch und zitronenfruchtig duftende Öl. Das Öl hat antiseptische Eigenschaften und kann das Risiko von oberflächlichen Entzündungen minimieren. Das Öl wird vor allem in der Sauna oder im Dampfbad verwendet, kann aber auch im Diffuser eingesetzt werden, um einen angenehmen Raumduft zu erhalten.
Wie können Sie die Qualität des Rohmaterials sicherstellen?
Wir arbeiten mit rund 300 Kleinbauern sehr eng zusammen. Die Zahl unserer Partner wächst stetig, viele von ihnen sind Frauen. Wir sind ein von Frauen gegründetes und geführtes Unternehmen und fördern ganz bewusst Frauen, die in der Landwirtschaft tätig sind. Sie sind gute Farmer und verlässliche Partner. Unsere Außendienstmitarbeiter, die alle eine abgeschlossene landwirtschaftliche Ausbildung haben, sind regelmäßig in Kontakt vor Ort und schulen die Bauern in Kleingruppen. Darüber hinaus organisiert Tchakka Origins Trainings zu landwirtschaftlichen Praktiken, die von externen Experten abgehalten werden. Die hohe Qualität wird sowohl durch den Einkauf und eine detaillierte Checkliste als auch durch unser Rückverfolgbarkeitssystem gewährleistet.
Auf welche Qualitätskriterien achten Sie bei der Weiterverarbeitung?
Die größte Bedeutung hat tatsächlich die Qualität des Pflanzenmaterials, das wir verarbeiten. Bei der Herstellung des ätherischen Öls setzen wir ausschließlich auf Wasserdampfdestillation. Das fette Öl wird kaltgepresst und filtriert. Durch die schonenden Prozesse ohne Zugabe von Hilfsmitteln bleiben alle wertvollen Inhaltsstoffe erhalten.
Sind Sie bereits auf dem europäischen Markt präsent?
Aktuell beliefern wir bereits Kunden in UK, Spanien und Frankreich. Und wir hoffen den Kundenstamm kontinuierlich auszubauen. Ende März waren wir auf der internationalen Fachmesse „in-cosmetics“ in Barcelona präsent und haben vielversprechende Gespräche mit europäischen Einkäufern geführt. Dieser direkte und persönliche Kontakt mit Importeuren ist sehr wichtig, um unser Portfolio zu erklären, für einheimische Pflanzen aus Äthiopien zu werben und vor allem um Vertrauen aufzubauen.
Unser Fokus lag zunächst auf dem lokalen Markt, aber mit Unterstützung der Handelsförderungsinitiative Import Promotion Desk (IPD) sind wir nun bereit, auch Partner auf dem EU-Markt zu beliefern. IPD-Experten haben uns in Trainings zu den europäischen Markt- und Qualitätsanforderungen geschult und uns auf Messen, wie der „in-cosmetics“, mit interessierten Importeuren vernetzt. Schritt für Schritt bauen wir nun unser Angebot aus. Das betrifft das Produktsortiment, aber auch unsere Kapazitäten. Investitionen in neue Mühlen zur Kaltpressung sind bereits geplant. Zudem arbeiten wir aktuell an der Zertifizierung nach ISO 22000.